Oberwerk / TS 20/90 Fernglas


Im Alukoffer mit Giromini und L-Halter

Vorwort

Viele Sternfreunde schwören auf die Vorteile von binokularem Sehen. Hier gilt es 2 Ansätze zu unterscheiden. Während am normalen Teleskop ein Binokularansatz das eingesammelte Licht mittels Strahlenteiler auf 2 Augen verteilt, was einen gewissen Lichtverlust mitbringt, ist ein Fernglas ein echtes Binokular. Hier wird für jedes Auge separat Licht gesammelt, was nach meiner Wahrnehmung einen deutlicheren Gewinn bringt. Unser Gehirn scheint in der Lage zu sein, die Bilder der beiden Augen wahrhaftig zu addieren, so dass gemessen an der reinen Öffnung, ein großer Gewinn in der Detailwahrnehmung entsteht. Mehrere Gelegenheiten mit einem Fujinon 150mm zu beobachteten, haben mich dazu bewogen mir auch ein Großfernglas anzuschaffen, wobei ich mir preislich enge Grenzen gesetzt hatte.

Das Gerät

In einer gewaltigen Kiste kam das Fernglas gut verpackt bei mir an. Die Dimensionen sind der Transporttasche geschuldet, die für meine Begriffe mehr als großzügig dimensioniert ist. Auch deswegen hat mein Fernglas letztlich als neue Behausung einen üblichen Alubaumarktkoffer mit Standartmaßen bekommen. Dieser bietet noch genug Platz, um die Giro-Mini und das L-Braket aufzunehmen, das ich zur Montage benötige. Das ganze steht auf einem Stativ unbekannter Herkunft, welches dank 3fach ausziehbarer Beine und zu kurbelnder Mittelsäule für fast jede Beobachtergröße eine angenehme Einblickhöhe erreichbar macht.
Mit gut 4 Kilo ist das Fernglas kein Leichtgewicht. Einfachere Neigeköpfe genügen zur Montierung nicht mehr. Auf die Giro-Mini fordert schon ein Gegengewicht um sauber zu laufen. Ein kleines Gewicht, passend zu den Synta Montierungen, passt und genügt. Ich bin einen Schritt weiter gegangen und habe gleich eine Gegengewichtsstange mit einer weiteren Schnellkupplung zugekauft und so ein weiteres Gerät, welches dann auch Gegengewicht ist, montieren zu können. Freihandbeobachtungen sind ob der 20fachen Vergrößerung nicht vernünftig machbar. Selbst mit aufgestützten Armen wackelt man sehr schnell. Mit einer Länge von fast 40 cm ist es noch recht transportabel und geht auch als Handgepäck auf Reisen durch.

Mit 20x90, also 20facher Vergrößerung bei 90mm Objektivöffnung ergibt sich eine Austrittspupille von 4,5mm. Diese ist auch unter mittlerem Himmel immer noch gut und sinnvoll zu verwenden, aber dennoch groß genug um lichtschwache Objekte, wie große Nebel gut zu zeigen. Viele meiner Zeichnungen in der Galerie sind damit entstanden und sollten so einen Eindruck dessen, was das Glas leisten kann vermitteln. Mit rund 3 Grad Feld (die Herstellerangabe von 3,2 Grad erscheint mir etwas zu hoch) bietet es schöne Übersichten und löst großflächigere Objekte schon ansehnlich auf. Visuell erreichbar sind 11-12mag Sterne, was für sternreiche Gesamtanblicke sorgt. Saturn ist klar von Ring getrennt und Jupiter zeigt die zentralen Bänder und natürlich die Monde. Von der Wahrnehmung her liegt das Gerät bei gleicher Vergrößerung fast auf Niveau eines monokular betrieben 6 Zöller (wie mein Reisedobson).
Als bekennender Peilsuchernutzer habe ich mir einen Halter für den Peilsucher gebaut. Dieser wird an der zentralen Stange, die auch vorn am Glas befestigt ist, montiert. Über die Stange ist das Fernglas in die Balance zu bringen. Die zentrale Fokussierung läuft ordentlich, könnte evtl. etwas weicher gehen. Wichtig ist, dass sie in jeder Lage stabil bleibt. Anders als teurere Markengeräte hat dieses Fernglas keine Taukappen und taut daher sehr schnell zu. Wie bei meinen Teleskopen kommt bei mir 3mm Moosgummi mit Klettband zum Einsatz von etwa 10cm Länge. Die Objektivdeckel aus Gummi halten, wie auch die Okulardeckel nicht besonders gut. Hier muss man etwas nachhelfen. Der Augenabstand ist für Brillenträger nicht wirklich ausreichend, ohne Brille aber angenehm. Das Feld ist gut zu überblicken und wirkt keinesfalls tunnelig. Die Prismen sind ausreichend dimensioniert; das Glas vignetiert also nicht. Dank Dioptrieeinstellung ist dieses Glas für die eigenen Augen gut anzupassen. Die einfachen Objektive zeigen in der Randabbildung leichte Schwächen und Wölbung und auch einen geringen Farbfehleransatz. Insgesamt empfinde ich dies noch nicht als störend oder abträglich, insbesondere, wenn man den Anschaffungspreis berücksichtigt.

 

Fazit

Ingesamt bin ich mit dem Fernglas zufrieden. Man erhält viel Leistung und eine ordentliche Mechanik für recht wenig Geld. Die kleinen vorgenommen Erweiterungen sind von jedem zu bewerkstelligen und bringen sinnvollen Nutzen. Keinesfalls übersehen darf man aber den gravierenden Nachteil - den graden Einblick. Besonders in Zenitnähe ist auch mit der Giro der Komfort nicht gut, wobei viel davon abhängt, mit welchem Stuhl man beobachtet. Ein gute Rücken- und Kopfunterstützung mittels Stuhl steigert den Spaß ungemein und sorgt auch bei hoch am Himmel stehenden Objekten für recht entspanntes Beobachten.

CS
Armin

© 8/2013 (überarbeitet) Antares