Welches Teleskop

Welches Teleskop, ist eine Frage, die sich nicht nur der Einsteiger, sondern quasi jeder Amatuer stellt.
Vorab sei gesagt, daß es "das Teleskop" schlechthin nicht gibt. Jedes Scope hat seine Daseinsberechtigung und Eignung oder "seinen Himmel" wie ein alter, aber völig richtiger Spruch lautet. Insofern warne ich vor jedweden absoluten Formulierungen in diesem Zusammenhang.
So gesehen mußt die Frage nach dem Teleskop immer um die Passage "für mich und meine Zwecke" ergänzt werden. Je besser man seine Ziele, Anforderungen und Wünsche kennt, umso einfacher ist es, das geeignete Teleskop für sich selbst zu finden. So weit so gut, wenn da nicht noch das Budget wäre.
Als kleine Anregung und zum ersten Üblick ist der folgende Text gedacht.

Primärfragen

Neben dem eigenen Budget halte ich die Anforderungen an die Transportabilität und die Frage "Visuell oder Fotografie" für die wesentlichsten zu klärenden Punkte.

Budget
Da es bereits ab 30€ Teleskope zu kaufen gibt, die Grenze aber noch oben quasi offen ist, sollte man bereits hier realistisch bleiben und nicht vergessen, das noch ausreichend Geld für sinnvolles Zubehör benötigt wird. Es macht keinen Sinn schlechtes Zubehör mit einem Topteleskop zu kombinieren oder umgekehrt, da das Gesamtsystem immer nur so gut ist, wie die schlechteste Komponente oder wie die Summe aller eingebrachten Fehler.

Transport
Dunkler Himmel ist durch nichts zu ersetzen. Keineswegs eine abgedroschene Phrase, sondern vielmehr eine Weisheit, die sich immer und immer wieder bewahrheitet, besonders wenn es um Deepsky-Beobachtung geht.
Auch wenn richtig guter Himmel immer schwerer zu finden ist, so lohnt es sich dennoch diesen aufzusuchen. Nicht selten gewinnt man so scheinbar 1 bis 2 Teleskopklassen (siehe Grenzgrößenartikel oder Excel-Berechnung).
Wer diesen Weg gehen will oder muß, sollte der Transportabilität des Teleskops große Bedeutung beimessen.

Visuell/Foto
Meist wird man "beides" als Anforderung hören oder lesen. Aber Hand aufs Herz, gerade ein Einsteiger wird recht selten sofort beginnen zu fotografieren, wenn man nicht dahingehend schon besonders vorbelastet ist. Hinzu kommt, das die ersten Schritte im Umgang mit dem Teleskop, dem Finden der Himmelsobjekte und und und selbst mit kleinen Geräten durchaus Jahre dauern können, bis man sich wirklich der Fotografie widmen kann und will. Die Astrofotografie ist außerdem ein Thema, das wiederum erst erlernt werden muß. Es bedarf schon einiger Erfahrung um ein wirklich gelungenes Deep-Sky Foto abzuliefern.
Insofern stehe ich auf dem Standpunkt, dass man die Foto-Option, zumindest im Einsteigerbereich, überbewertet und rate dazu, sich erst mal auf den Einstieg als solchen zu beschränken.


Die Auswahl

Fernglas
Als mögliches Instrument zur Himmelsbeobachtung kommen diese Geräte sowohl für den Anfang, aber auch für später in Betracht. Ein 8x40, 10x50 oder vielleicht auch ein 15x70 Fernglas, erschließt schon einen ganz neuen Himmel. Im Vergleich zum Auge sammeln diese Gläser ein Vielfaches mehr an Licht. Dank großem Gesichtsfeld wird man schnell fündig und hat viel Freude, besonders bei der Beobachtung großflächiger Objekte und Strukturen. Freihändig sollte man nur kleine Gläser (max. 10x50) verwenden. Größere Geräte, die meist auch schwerer sind, sind vernünftig nur auf einem Stativ verwendbar. Hier gibt es alle Qualitäten in allen Preislagen. Wichtig ist ein komfortabler Augenabstand, eine vernünftige Vergütung ( nicht die rubinrote mancher der Billiggläser ), ein gute Innenschwärzung und ausreichend dimensionierte Prismen, damit kein Vignetierung auftritt. Die Austrittpupille ( AP ) sollte rund sein und dem rehcnerischen Maß entsprechen. 10x50 gibt Vergrößerung und Öffnung an. Es ergibt sich so 50mm :10mm, also eine AP von 5mm.

Refraktor - Das Linsenfernrohr
Gängigste Variante ist der 2-linsige Fraunhofer, weil er recht einfach herzustellen und damit relativ kostengünstig ist. Er hat wenigstens 4 optische relevante Flächen -die beiden Seiten der beiden Linsen. Ob die hohe Verbreitung am Preis oder am klassischen Fernrohraussehen liegt, entzieht sich meiner Kenntnis.
Wesentlich erscheint mir bei dieser Bauart die Tatsache der fehlenden Farbreinheit in der Abbildung zu sein.
So sind FH als Richfielder, also Teleskope zur Großfeldbeobachtung, durchaus hervorragende Teleskope, wenn man bei geringen Vergrößerungen bleibt und Planeten meidet, wo der Farbefehler stört und Leistung kostet. Es sind in gewisser Weise Spezialisten für ein Gebiet der Astronomie.
Soll der FH für die Planetenbeobachtung gebaut werden, so muß er über ein sehr kleines Öffnungsverhältnis verfügen. Eine lange, aber dünne Röhre ist die Folge. Das Verhältnis wird umso extremer, je größer die Öffnung wird.

Anders dagegen, die inzwischen ebenfalls verbreiteten Apochromaten, die Dank anderem Linsenmaterial und z. T. zusätzlicher Linsen dem Farbfehler mitunter gänzlich Herr werden - und das auch bei schnellen Öffnungsverhältnissen. Die aufwendigere Konstruktion und teurere Materialien schlagen aber kräftig zu Buche, so das jenseits von 4" Öffnung die Preise derart exorbitant ansteigen, daß diese Teleskope für viele Amateure schlicht unerschwinglich werden. Dafür entschädigen sie aber mit einer anders unerreichten Bildbrillianz und einem Höchstmaß an Kontrast, so das sie den Öffnungsnachteil in gewissen Rahmen kompensieren können.

Zwischenlösungen, oft als Halbapochromaten oder EDs bezeichnet, bieten hier, zumindest aus chinesischer Fertigung inzwischen ein moderateres Preis-Leistungs-Verhältnis und bessere optische Leistungen als der FH - und das bei kompakteren Ausmaßen. Ob der Vielseitigkeit werden sie gerne als Reise- oder Zweitteleskop angeschafft.

Newton
Ein System mit nur 2 optisch relevanten Flächen (Fangspiegel und Hauptspiegel) und damit eine einfache Bauart für ein Teleskop. Gerade das wirkt sich im Preis aus, weil wenige Flächen hergestellt und von hoher Qualität sein müssen. Ich denke, genau deshalb ist diese Bauform im Vormarsch, lassen sich so bereits wahre Lichtgiganten zu erschwinglichen Preisen produzieren. Nicht übersehen darf man, das ein Newton von Hause aus einen Bildfehler - die Koma - einführt. Dies betrifft hauptsächlich den Bildfeldrand. Bei Öffnungsverhältnissen bis f/6 kann man dies vernachlässigen. Bei schnelleren Geräten gewinnt dies zusehends an Bedeutung. Fotografen verwenden am Newton daher einen Komakorrektor, visuell wird er eher nicht gebraucht. Besonders bei schnellsten Geräten werden die Okulare und deren Abbildungsfehler die Koma überdecken, so das die Koma in der visuellen Praxis wenig Bedeutung hat.

Wie beim SC oder MC handelt es sich um ein obstruiertes Gerät, wobei man selbst bei extrem schnellen Öffnungsverhältnissen immer unter den Werten eines SC bleibt. Bei "langsamen Newton" kann man hingegen mit geringen Fangspiegeldurchmessern agieren, die kaum mehr visuell bemerkt werden. Dies gilt auch für größere Systeme, jenseits von 10" Öffnung.
Mancher wird sich am Fangspiegelhalter stören, der für die berühmten Spikes (Strahlen) um helle Sterne, oft auch bei Fotografien zu sehen, sorgt.
Auch nicht unbeachtet lassen sollte man die oft geringe Stabilität der Justage in Niederpreissegment, die regelmäßig kontrolliert und korrigiert werden muß. Dem steht entgegen, das man an keinem anderen Gerät so viel selbst machen kann.
Allein schon wegen dem Preis/Leistungsverhältnis ist der Newton ab 8" quasi konkurrenzlos, wobei man hier sicher zwischen Fernostgeräten und absoluten Topherstellern unterscheiden muß. Geräte der letztgenannten Gruppe haben auch schon bei 8" Öffnung durchaus ambitionierte Preise.

Einen besonderen Newton, der seinen Namen dem Erfinder der gleichnamigen Montierungsvariante verdankt, ist der Dobson. Dies ist letztlich nichts anderes, als ein Newton auf einfacher azimutaler Montierung (Rockerbox), die inzwischen in allen möglichen Formen und Ausprägungen existiert. Bei geringeren Öffnungen wird das Teleskop auf der Rockerbox deutlich erhöht montiert. Größere Dobson Teleskope verzichten darauf und haben nur noch eine kleine Vorrichtung für die Drehung und den Lauf der Höhenräder, da diese direkt an der Spiegelbox montiert sind.

Kathadioptische Newton
sind ebenfalls eine Sonderfom des Newton. Ihre zumeist kompakte Bauform, einhergehend mit großer Brennweite kennzeichnen diesen Bautyp. Die Besonderheit liegt darin, das im Strahlengang eine zusätzliche, die Brennweite verlängernde Linse bzw. Linsenkombination fest eingebaut ist. Die Primäroptik hat dagegen ein sehr schnelles Öffnungsverhältnis, was an sich schon mit einigen nicht zu unterschätzenden negativen Begleiterscheinungen einher geht. Die Kombination mit der Zusatzlinse ergibt zum einen tendenziell Qualitätseinbußen gegenüber einem Gerät, welches die gleiche Brennweite auf herkömmliche Weise erreicht und führt zu einer insgesamt sehr schwierigen Justage. Perfekte Optiken vorausgesetzt ist die Konstruktion dennoch nicht uninteressant, aber im das kostet richtig Geld. Bei den oft preiswerten Einsteigergeräten ist man meist weit weg von perfekter Optik und dementsprechend sind die Ergebnisse. Von daher rate ich von diesem Bautyp besonders zum Einstieg ab. Lediglich die Kompaktheit, die auch mit anderen Systemen erreicht werden kann, spricht für diesen Teleskoptyp.

Schmidt-Cassegrain (SC)
Das SC ist sehr kompakt, aber in vieler Hinsicht ein Kompromiß. Die sehr kurze Baulänge, bei meist sehr großen Brennweiten, wird mit bis zu 40% Obstruktion erkauft. Darunter leidet der Kontrast. Hinzu kommt, daß das SC min. 5 optische Flächen hat ( Neben HS und FS noch die sogn. Schmittplatte vor der Öffnung), die allesamt niemals perfekt sind und sich so viele, wenn auch möglicherweise kleine Fehler addieren.
Die hohe Brennweite schränkt die Möglichkeiten der Großfeldbeobachtung stark wenn nicht sogar ganz ein.
Ebenfalls nicht unwichtig ist die komplett geschlossene Bauweise, welche für Höchstzeiten bei der Auskühlung sorgen. Hier versäumen die großen Massenhersteller seit Jahren Ihre Geräte entsprechend aufzuwerten.
Dafür entschädigt der günstige Preis und die Variabilität beim Fokussieren. Ein SC kommt mit praktisch jedem Zubehör zurecht, weil hier der Hauptspiegel zum Fokussieren verschoben wird. Die große Range und nicht perfekte Mechanik sorgen hier mitunter für sogenanntes Shifting - eine Verkippung des Hauptspiegels gegen die Optische Achse, die nicht selten dazu führt, daß das Beobachtungsobjekt beim Wechsel der Fokusrichtung aus dem Gesichtsfeld springt. Diese Geräte werden oft in einer sogenannten Gabelmontierung angeboten, die zwar kompakt ist, aber nur motorisch betrieben werden und ohne Zusatzteile für Bildfelddrehung sorgt. Diesser Aspekt ist für angehende Fotografen nicht unwichtig und rührt daher, das die Ausrichtung nicht über den Himmelspol erfolgt.

Maksutov (MC und MN)
Für das MC gilt das gleiche wie für das SC, da die Bauart sehr ähnlich ist. Allerdings scheint mir, dass die Hersteller der MC gerade das Shifting-Problem wesentlich besser gelöst haben und in der Summe etwas geringer obstruiert sind. Auch hier ist die Kompaktheit, der Vorteil in meinen Augen. Deneben spricht die Farbfehlerfreiheit und die inzwischen schon oft zu findende altive Tubusbelüftung, die den SC fehlt, für diesen Teleskoptyp. Die Beschränkungen der langen Brennweite des SC gelten auch hier, so das der Einsatzzweck eingeschränkt wird. Daran ändert auch ein evtl. vorhandener 2" Anschluß nichts, denn meist verhindert die Dimension des Blendrohrs eine volle Ausleuchtung und damit ein sinnvoll mögliche Verwendung von 2" Zubehör. Idealerweise setzt man sie für Planetenbeobachtung oder -fotografie ein.

Durchweg Postives liest man über die Mak-Newtons, ein Kombination aus Maksutow und Newton. Es ist eigentlich ein Newton, der wie das MC einen Maksutovkorrektor vor der Öffnung eingebaut hat. Die Baulänge der MN sorgen für geringe Dimensionen, gemessen an der Öffnung, aber hohes Gewicht und ebenfalls lange Auskühlzeiten, sofern keine aktive Belüftung vorhanden ist. Einige Hersteller bieten diese standartmäßig an. Diese Geräte sind meist visuell optimiert, d.h. sie haben einen kleinen Fangspiegel und damit eine hohe Kontrastleistung, weil auch die Optiken meist hochwertig sind. Die Brennweiten entsprechen einem Newton und sind damit deutlich geringer als beim MC. Dies führt m.E. zu einer vielseitigeren Verwendungsmöglichkeit gegenüber dem MC, wenngleich grade diese Geräte hervorragende Planetenleistungen bringen. Die oft streng visuelle Auslegung (geringe Obstruktion) ist jedoch fotografischen Ambitionen teilweise auch dem Anspruch an Übersichtsbeobachtungen abträglich.

Unabhängig vom Teleskoptyp sei ein Kapitel den Billig- bzw. Kaufhausteleskopen gewidmet.

Inzwischen gibt es viele Anbieter von Teleskopen. Leider verstehen nur wenige genug von der Materie, um zu wissen, was sie hier bewerben. Sei es im Kaufhaus, dem berühmten Bäcker, so manchem Fotoladen oder auch bei Ebay.
Das heißt nicht, daß diese Teleskope zwingend unbrauchbar sein müssen, auch wenn es leider öfter so ist. Es gibt durchaus hinsichtlich des Preis/Leistungsverhältnisses gute Angebote, die auch akzeptable Qualität aufweisen und so einen Einstieg ohne Frust ermöglichen.
Immer noch findet man jedoch irrsinnige Werbeaussagen im Zusammenhang mit qualitativ minderwertigen Teleskopen nebst Zubehör. Einsteigern und unerfahrenen Lesern kann ich nur empfehlen hier sehr viel Vorsicht walten zu lassen und nichts zu überstürzen. Im Zweifelsfall immer erst mal gegen den Kauf entscheiden. Zum Thema Werbung habe ich einen separaten Artikel verfaßt, der bei der Beurteilung von Werbeaussagen, besonders bei Nichtfachanbietern helfen soll.
Ein Tipp noch: Lassen sie sich nicht von bunten Bildern auf der Verpackung blenden. Diese sind werbetechnisch eingesetzte Blickfänger und haben mit dem realen Anblick im Teleskop (leider) sehr wenig zu tun.

Schlußwort
Astronomie ist ein praktisches Hobby. Insofern sind alle Informationen hier weitgehend theoretischer Natur, wenn auch von praktischer Relevanz. Sie sollen und können nur zum Überblick dienen und machen hoffentlich schon deutlich, das es das alles hervorragend könnende Teleskop nicht gibt.
Nur die Praxis führt letztlich zu der richtigen Entscheidung, sowohl für den Einsteiger aber auch den erfahrenen Sternfreund. Die eigenen praktischen Erfahrungen und Erlebnisse live mit einem Teleskop, sind sehr oft von wesentlichem Gewicht bei der Kaufentscheidung.
Daher rate ich immer das Teleskop der Wahl in der Praxis zu testen und zu probieren. Kontakte zu Sternfreunden, astronomischen Arbeitsgemeinschaften aber auch zu Member in Diskussionsforen sind hier mitunter sehr hilfreich.
In diesem Sinne viel Erfolg und allzeit clear skies mit bestem Seeing und höchster Transparenz.

(c) 6/2004 Antares