Pratische Erfahrungen, Kontakte und deren Wert

Vorwort

Sowohl hier, als auch in Foren werde ich nicht müde, Einsteigern bzw. Suchenden zu raten, sich vor dem Kauf praktische Erfahrungen zu verschaffen. Vorzugsweise mit dem infragekommenden Gerät oder Zubehörteil.
Obwohl diese Empfehlung inzwischen regelmäßig von vielen anderen Kollegen auch ausgesprochen wird, zeigen die Forenberichte, das dieser wertvolle Tipp öfter nicht angenommen wird. Daher bin ich zum Ergebnis gekommen, diesem Thema eine Seite zu widmen.

Warum also diese Empfehlung?

Kurz gesagt es gibt viele gute Gründe dafür - teils aus unterschiedlichen Motivationen heraus.

Ich weiß, man kann sicher auch seine eigenen Gründe dagegen finden, wenn man nur lange genug danach sucht. Aber sowohl die eigenen Erfahrungen, als auch der regelmäßige Austausch mit anderen Kollegen zeigt ganz eindeutig - es gibt sie nicht wirklich, die Gründe dagegen.

Bedenken das man als Unwissender oder mit kleinem Kaufhausgerät nicht ernst genommen wird, sollte man ablegen. Das wird i.d.R. nicht passieren. Auch wird man nicht stören oder 5. Rad am Wagen sein. Wir freuen uns über Mitstreiter.
Gut möglich, das man nicht immer alles versteht was da so gesprochen wird, aber man kann ja fragen. In den meisten Fällen werden die Kollegen sich freuen, wenn sie Wissen oder Erfahrungen vermitteln können.

Auch besteht kein Grund für Berührungsangst von hochwertigem Gerät. Ganz im Gegenteil, die meisten Kollegen zeigen doch gerne und auch stolz vor, was ihr Equipment leisten kann - welch phantastische Anblicke es liefert.
I
ch will nicht ausschließen, das es Kollegen gibt, die ganz anders verfahren, aber das ist m.E. die absolute Ausnahme.

Daher, basierend auf eigenen Erfahrungen mal ganz nüchtern betrachtet:

Astronomie ist ein praktisches Hobby, das unterschiedlich gelebt und vor allem auch verschieden erlebt wird. So sehr wir uns mit dieser Seite und viele andere Kollegen mit Ihren Webangeboten auch bemühen, eines werden wir nie vermitteln können: Das tatsächliche Sehlebnis und das Empfinden dabei. Es ist einfach unterschiedlich und wird auch verschieden bewertet.

Erfahrungen, besonders mit unterschiedlich geübten Beobachtern zeigen dies deutlich. Wo der eine vor Begeisterung juchzend umherspringt, kolportiert ein anderer Kollege ich seh gar nichts oder ist das alles. Dieses individuelle Sehen und Erleben - und derartig differnzierte Äußerungen kamen wirklich bei identischen Anblick - definiert jeder auf seine Weise. Grade Einsteiger ohne Erfahrung, womöglich noch durch Fotos und Prospekte vorbelastet, sollten sich zu Ihrer eigenen Sicherheit ansehen, was Sie erwartet. Denn die Erfahrung zeigt, das die Erwartungshaltungen teils doch erheblich differieren. Ob Erwartungen und Realität zu einander passen, kann man letztlich nur selbst am Gerät unterm Himmel prüfen.
Dies beugt Enttäuschungen vor, die durchaus nicht abwegig sind, unterscheiden sich fotografische Ergebnisse vom visuellen Eindruck doch mitunter sehr sehr deutlich. Fotos sind nur sehr sehr begrenzt geeignet um visuelle Eindrücke zu vermitteln.

Neben dem Seherlebnis ist aber auch das Erlebnis Teleskopbedienung prägend bei der Entscheidungsfindung. So ist eine der Primärfragen bei der Teleskopwahl "Dobson oder parallaktisch ?" letztlich nur durch eigenes probieren zu lösen, wenn nicht andere Forderungen zwingend eine Montierungsvariante vorschreiben. Beide Montierungsvarianten haben Ihre Eigenheiten bei der Bedienung. Was man mehr mag ist in hohem Maß Gefühlssache. Wie man das empfindet ist individuell verschieden, so das eine Pauschalaussage nicht zu treffen ist. Aus der Summe der Erfahrungen würde ich bestenfalls sagen, das die azimutale Montierung, wie z.B. der Dobson die intuitivere Montierungsvariante ist, aber keines falls mehr.
Ähnlich wird es z.B. auch bei der Sucherwahl sein, da es inzwischen verschiedene Varianten von Suchern - jeder mit Vor- und Nachteilen gibt. Auch hier zeigt nur Praxis, womit man sich anfreunden kann. Ich favorisiere eindeutig Peilsucher, andere dagegen schwören auf optische Sucher.

Teleskopgrößen, Gewicht und Transportabilität - all diese Faktoren können entscheidende Faktoren bei der Gerätewahl sein. Je größer ein Gerät ist, umso weniger können Bilder und Prospekte wirklich vermitteln, was diese Dimensionen in der Praxis bedeuten. Das kann schon ein 8" Newton sein. Da waren schon einige überrascht. Ich werde nie vergessen, wie ich als eines der ersten Geräte einen parallaktisch montierten 12" Newton angestarrt habe.
Oder beispielsweise die Gewichtsangabe von 18 Kilo für das Achskreuz der EQ6. 18 Kilo - klingt nicht so viel, praktisch hat aber schon mancher mit der Zeit seine Einstellung dazu deutlich modifiziert. Vielleicht auch weil neben Achskreuz ja noch 5-10 Kilo Stativ zu tragen sind und je nach Teleskop auch leicht 15-20 Kilo Gegengewichte mitgenommen werden müssen. Dazu noch die Stromversorgung und schnell ist der erste Zentner zusammen. Auch das kann man tragen, aber das ist nicht die Frage. Vielmehr ist Thema, ob man dies auch dauerhaft tun will und wird und nicht kurzristig als lästig empfindet. Größe und Gewicht können mitunter auch bei der Lagerung des Equipments von Belang sein.

A propos empfinden. Das Wort "transportabel" ist von seiner Bedeutung her klar. Unklar ist wie jeder das für sich definiert. Ein Kollege von mir findet seinen 24" Dobson sehr transportabel, ein anderer Kollege kann sich kaum aufraffen seinen 6" MC auf GP mobil zu betreiben und attestiert lediglich seinem Großfernglas mit Stativ das Attribut transportabel. Wie man dieses Thema erlebt ist also höchst inidividuell und weder über Prospekt noch über Fremderfahrungen wirklich vermittelbar. Hier kann und wird letztlich nur eigenes, praktisches Erleben vor dem Kauf eine wertvolle Hilfestellung bei der eigenen Einordnung sein.

Theoretische Grundlagen sind m.E. Basis für eine vernünftige fundierte Kaufentscheidung - allerdings allein nicht ausreichend. So kann man z.B. erfahren, das man Newtonteleskope selbst justieren muß/kann/sollte. Doch wie soll man beurteilen, ob man das haben will/akzeptieren kann, wenn man dies praktisch nicht beurteilen kann?
Oder das schnelle Teleskope hohe Okularanforderungen stellen. Auf diese Information wird man schnell - auch auf unserer Seite stoßen. Doch wie sich ungeeignete Kombinationen gegenüber Geeigneten im Anblick unterscheiden, wird nur der sagen können, der es gesehen hat. Gleiches gilt für den Farbfehler bei Fraunhoferteleskopen und weitere Dinge.

Wie die Entscheidung für ein Gerät nur basierend auf der Theorie ausgehen kann, mußten wir vor geraumer Zeit erleben.

So kam ein neuer Sternfreund aus der Gegend auf uns zu um mit uns zu beobachten. Vor einigen Monaten eingestiegen, erklärte er Mond und Planeten seien sein Ding, Deepsky sei nichts für ihn. Auch passend für Planeten ausgestattet - er hatte also vermeindlich alles richtig gemacht - , begleitete er uns 2 Nächte ( seine ersten auf freiem Feld ) und machte so erstmals Erfahrungen mit Deepsky-Beobachtungen. Es kam, wie es kommen mußte, er war begeistert von diesen Objekten, mußte aber feststellen, dass sein Spezialgerät nur recht begrenzt dafür geeignet ist. Leider zu spät kam diese Erkenntnis, denn sein erstes Teleskop wäre mit dem heutigen Wissen ein anderes geworden. So muß es natürlich nicht zwingend laufen, aber es kann so gehen und passiert auch so leider immer wieder. In jedem Fall ist es ärgerlich, denn die Preise für Teleskope sind für viele immer noch recht hoch und ein Wiederverkauf und Neuanschaffung kosten doppelt Geld. Nun, wenigstens kann er mit uns beobachten und so Deepsky erleben, während er sich neu orientiert. Ein weiterer Vorteil, wenn man andere Hobbyastronomen kennt und Kontakte hat.

Und dann wäre da die Möglichkeit Geräte, Okulare, Filter etc zu vergleichen, zu probieren, die gegenseitige Hilfe oder einfach nur der Meinungsaustausch oder Schwatz zwischen Gleichgesinnten.

Die Reihe der Gründe könnte man weiter fortsetzen, aber ich denke, es wurde anhand dieser Beispiele deutllich, wo der Gewinn der praktischen Erfahrungen vor Anschaffung und der Kontakte liegt und warum ich dies unbedingt empfehle.

Auch wenn der Drang sofort kaufen zu müssen, noch so groß ist. Astronomie ist mehr als nur ein Teleskop kaufen und gucken. Will man nachhaltig Spaß haben, Erfolge erzielen und mit seinem Gerät zufrieden sein, ist Praxis noch in der Entscheidungsphase kombiniert mit etwas Basiswissen m.E. der beste Ratgeber. Beides zusammen verschafft dem Suchenden ein eigenes individuelles Erfahrungs-und Wissensgerüst, mit dessen Hilfe eine fundierte eigene Entscheidung getroffen werden kann. Ich vergleiche das gerne mit dem Autokauf. Man kauft das Auto ja auch nicht nach Äußerlichkeiten und Prospektbeschreibung oder auf bloße Empfehlung eines Bekannten. Nein, man fällt die Entscheidung letztlich nach dem man das Auto gefahren hat.

Von daher legt evtl. vorhandene Bedenken ab und zögert nicht Kollegen, Vereine und Gruppen anzusprechen. Die allermeisten helfen gerne und ermöglichen probieren und mitbeobachten, genau wie wir auch. Wie Benny - ein neuer Mitbeobachter - das seinerzeit erlebt hat, kann man hier lesen.

Eine tolle Initiative wurde vor kurzem vom Astrotreff gestartet. Dort gibt es eine Übersichtskarte in die sich die Forennutzer eintragen können um z.B. Gleichgesinnte zu finden und zu suchen. Zur Karte

In diesem Sinne viel Erfolg bei der Kontaktaufnahme und dem Erlebnis Sternhimmel und natürlich
Clear skies
Armin

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