Praxis Vergrößerung

Während sich der Artikel Vergrößerung ausschließlich mit der Vergrößerung bzw. der grundsätzlichen Thematik beschäftigt möchten wir hier, darauf aufbauend nun die praktische Verwendung behandeln.
Wie sich aus den Grundlagen ergibt, ist Vergrößerung nicht das alles entscheidende bei der praktischen Astronomie, aber dennoch ein wichtiger Faktor. Wer die richtige oder angemessene Vergrößerung findet, wird mehr sehen, manchmal auch überhaupt erst sehen.

Wovon hängt die richtige Vergrößerung ab?

Um es gleich zu sagen es sind viele Faktoren.

Hier ist zunächst die Primaroptik zu nennen, weil sie aufgrund ihrer Licht sammelnden Leistung zunächst Objekte zeigt, die wir mit bloßem Auge nicht sehen. Die höhere, zur Verfügung stehende Lichtmenge an sich, ermöglicht zunächst erst mal grundsätzlich, dass überhaupt vergrößert werden kann. Die Lichtmenge ist öffnungsbedingt absolut. Die Frage ist nun, auf welche Fläche sie verteilt werden kann, um immer noch für das Auge sichtbar zu sein. Wir erinnern uns Vergrößerung ist nichts anderes als Winkelausdehnung und Winkelausdehnung kann es nur bei einer Fläche geben. Auch die Sternpunkte sind genau genommen flächig - wir können sie nur nicht auflösen mit unseren Augen.
Weiterhin ist das Auflösungsvermögen teleskopseitig vorgegeben und als absolutes Maß vorhanden.
Schon diese beiden Aspekte muss man mitunter gegeneinander abwägen, denn was nutzt die Verwendung der förderlichen Vergrößerung (1mm AP oder Öffnung in mm= Vergrößerung), wenn dadurch das Objekt so schwach wird, das sich die eingesammelte Lichtmenge auf ein zu großes Feld verteilt, so das wir den noch bestehenden Helligkeitsunterschied gegen den Himmelshintergrund nicht mehr bemerken?

Himmelshintergrund und Güte wären weitere wichtige Faktoren insbesondere, wenn es um lichtschwache Objekte geht. Da wir i.d.R. keine Farben sehen können bei der DS-Beobachtung, sondern nur Grautöne, muß sich der Ton des Objektes von dem des Himmels, der auch nicht wirklich schwarz ist, unterscheiden. Es muß ein Mindestmaß an Grauunterschied gegen den Hintergrund vorhanden sein, damit sich das Objekt abhebt. Wir sprechen hier von Kontrast.
Wollen wir großflächige aber lichtschwache Objekte angehen, wählen wir zum einen große Gesichtsfelder und versuchen möglichst gering zu vergrößern und die leuchtende Fläche nicht übermäßig zu vergrößern. Dies wurde den Kontrast gegen den Himmel reduzieren und die Sichtbarkeit ggf. sogar ganz verhindern. Hier kommt nun der Himmel ins Spiel. Ist der Hintergrund schon von Hause aus hell, der Hintergrund wirkt dann deutlich gräulicher, so kann der zum Sehen erforderliche Mindestkontrast nicht erreicht werden - wir sind chancenlos. Hieraus leitet sich die Forderung nach dunklem Himmel für DS ab. Dies betrifft im besonderen Maße neblig erscheinende Objekte, also auch Galaxien. Für Sterne und Sternhaufen, die man hier als quasi Punktstrahler ansehen muß, gilt dies auch, die Auswirkungen sind aber geringer. Die richtige Vergrößerung ist also auch Objekt abhängig.
Dies gilt besonders für Deepsky.

Für Planeten und Mond, die an sich schon sehr hell sind, wird die Lichtverteilung über größere Flächen erst nennenswert relevant, wenn wir uns in den Bereich der AP = 0,5 (doppelte Öffnung) begeben. Das ist m. E. der Grund, warum die doppelte Vergrößerung oft als Maximalangabe bei Teleskopbeschreibungen zu finden ist, obwohl so hohe Vergrößerungen in der Praxis nur selten benutzt werden - sicher auch weil wir hier schon weit jenseits des teleskopseitigen Auflösungsvermögens betrachten. Auf Basis des Auflösungsvermögens wird als sinnvolle Vergrößerung oft 1,5x Öffnung in mm benannt.

Wie immer ist auch die Qualität der Optiken von Bedeutung. Geringe Transmissionsverluste im Gesamtsystem ( alle Komponenten, auch Okulare, Zenitspiegel etc ), perfekte Störlichtreduzierung, hervorragende Okular- bzw. Objektivvergütungen etc sind hier zu nennen, weil sie in der Summe sehr wohl einen erheblichen Beitrag leisten und nicht selten über "sehen oder nicht sehen" entscheiden - u. a. auch weil andere Vergrößerungen verwendbar sind.

Seeingeffekte, sei es die Luft als solche oder aber teleskopbedingtes Seeing, beides beeinflusst die Maximalvergrößerungen entscheidend, mitunter auch noch mehr. Seeing sorgt immer für eine geringe Richtungsänderung des Lichtes des Objektes. Hierbei ist es unmaßgeblich ob die Ablenkung in der Atmosphäre oder im Teleskop erfolgt. Die Änderungen - mit bloßem Auge oft nicht zu sehen - werden mit dem Teleskop mit vergrößert und aufgelöst. Wabernde und oder umhertanzende Objekte sind das Ergebnis - eine Beobachtung wird unmöglich oder sinnlos.

Praxis

All diese Dinge gilt es zu berücksichtigen, wenn man die richtige Vergrößerung finden will. Hierbei sind die Aspekte unterschiedlich zu gewichten. So ist das Seeing z.B. der Tod der Maximalvergrößerung. Da helfen auch Lichteimer mit 20" Durchmesser und ihre grundsätzlich teleskopseitig mögliche Leistunge nichts.
Über die Nutzbarkeit von Minimalvergrößerungen entscheidet die Himmelsgüte / -dunkelheit, aber auch die verwendete Optik. Geräte mit kleinen Öffnungsverhältnissen ermögliche bauartbedingt keine Kleinstvergrößerungen, die allerdings für bestimmte Objekte gebraucht werden.
Dann sind die Objekte an sich zu nennen. So nutzt man an hellen oder eher punktförmigen Vergrößerungen tendenzielle höhere Vergrößerungen, weil genug Licht vorhanden ist und man sich möglichst das teleskopseitig mögliche Auflösungsvermögen in vollem Umfang nutzbar machen möchte, weil dann die meisten Details gesehen werden können. Hier muß man sich natürlich je nach Helligkeit und Objekttyp an den besten Kompromiß rantasten und nicht ausschließlich mit Vmax rangehen. Bei dieser Gelegenheit ein Wort zu planetarischen Nebeln. Weiter oben sprach ich von nebligen Objekten und hier könnte man des Namens wegen die PN ja ggf. einordnen. Da PN oft sehr geringe Ausdehnungen haben, werden sie eher wie Punktstrahler behandelt werden müssen - sie vertragen und brauchen oft höhere bis höchste Vergrößerungen.

Die eingesetzten Optiken sind im Grunde das letzte Glied der Kette, da beste Röhren durch miese Bedingungen auch eingebremst werden. Allerdings nicht ganz so stark, wie einfachstes, optisch weit weniger perfektes Gerät. So ist die Seeinganfälligkeit z.Bsp. bei sehr guten Optiken mitunter erkennbar geringer, als bei gleichen Geräten geringerer Güte. Schon dies kann der entscheidende Vorteil sein, genauso wie bessere Kontrastübertragung etc. damit die Beobachtung gelingt.

Für die Praxis ergeben sich also eher Bandbreiten von möglichen, gewinnbringend einsetzbaren Vergrößerungen, die man über die Austrittspupille, öffnungsunabhängig eingrenzen kann und so auch im Artikel Okularwahl detaillierter unter Okularstaffelung behandelt werden.

Hieraus ergibt sich, aus meiner Sicht zwingend, dass erfolgreiches Beobachten mit dem Standort steht und fällt. Es ergibt sich auch, wo der Gewinn von Qualitätsgerät liegt, aber auch das man mit jedem Teleskop Spaß haben kann, wenn man es entsprechend den Möglichkeiten richtig nutzt - im besonderen Maß über die richtige Wahl der Vergrößerung.

Schlusswort

Wie Ihr seht, muß man auch hier differenzieren und es ist kaum möglich pauschale Sollvorgaben zu machen. Ich hoffe viel mehr, das mit diesem Bericht die Zusammenhänge transparent geworden sind, so das jeder für sich nun in der Lage ist anhand der Faktoren und Zusammenhänge, die jeweils angemessenen Vergrößerungen auswählen kann.
Auch soll dies helfen zu erkennen, warum an manchen Abenden das Ziel nicht erreicht wurde und woran es lag. Gerade dem Einsteiger sei an dieser Stelle im besonderen Maße geraten die Maximalvergrößerung nicht über zu bewerten - sie ist längst nicht so wichtig wie Ihr meint und viel viel seltener sinnvoll verwendbar als Ihr glaubt.

In diesem Sinne viel Erfolg und CS
Armin

© 8/2006 Antares