Fragen an den Suchenden

Ich weiß, wer sucht will Antworten, keine Fragen und dennoch möchte ich diese Fragen stellen. Tatsächlich möchte ich, dass Ihr Euch selbst diese Fragen stellt. Eure Antworten werden Euch am besten helfen werden Euer Teleskop zu finden.

Ich vertrete die Auffassung, dass die nachhaltigere und bessere Hilfestellung für den Suchenden nicht auf eine schlichte Geräteempfehlung beschränkt sein kann. Es gibt die Pauschalempfehlung, die immer passt, genauso wenig wie das Universalgerät. Der Ansatz muß also sein, dem Suchenden zu ermöglichen selbst fundiert zu entscheiden, basierend auf seinen Wünschen, Vorstellungen, Forderungen und seiner individuellen Interpretation. Um genau dies heraus zu finden, sind Fragen nötig. Setzt Euch damit auseinander und Ihr werdet einen großen Schritt in Richtung des gesuchten Teleskops machen.

Was will ich beobachten?

Will ich zum Einstieg mir mal ein Gesamtbild machen oder soll gezielt eines Hauptfelder Planeten oder Deepsky das Ziel sein. Man könnte auch sagen: Ein eher universelles Gerät oder eines für eine Spezialdisziplin? Diese Entscheidung ist richtungweisend und nur über theoretische Grundlagen und vorherige eigene Live-Erlebnisse wirklich vernünftig anzugehen. Urteilt nicht vorschnell - nsbesondere wenn Ihr glaubt ein Spezialgerät z.B. ein Planetengerät erwerben zu wollen.

Was erwarte ich im Teleskop zu sehen und ist dies realistisch erreichbar?

Bunte Bilder z.B. in der Werbung sind Blickfänger, aber bei Leibe nicht der teleskopischen Realität entsprechend. Zeichnungen oder Simulationen können teilweise recht gut den wirklichen Anblick vermitteln, aber nicht immer. Schon allein aus dem Grund, weil man ein Bild mit freiem Auge betrachtet, der Anblick durch ein Okular sich davon doch deutlich unterscheidet. Letztlich kann man das nur selbst beurteilen, ob Vorstellung und Realität zusammenpassen, wenn man durch ein Teleskop schaut. Verschafft Euch die Möglichkeit durch Kontakte zu Sternfreunden, Vereinen etc.

Wie groß ist mein Budget und was muß alles davon bezahlt werden?

Bleibt realistisch zu Euch selbst. Was nutzt die maximale Öffnung eines Teleskops, wenn kein Geld für Okulare da ist? Nichts! Löst Euch auch von dem Gedanken, dass das Teleskop das teuerste ist. Dem ist mitnichten so. Gute Okulare, Nebelfilter etc. sind in hoher Qualität nicht preiswert. Auch haben wirklich gute Montierungen Preise, die sehr ambitioniert sind. Mitunter wird ein Einzelteil bereits den Teleskoppreis überschreiten können, eine Vollausstattung wird es im Bereich der Einsteigerteleskope fast immer.
Daneben gibt es noch viele Dinge die man vielleicht nicht ursächlich der Astronomie zuordnet, die aber dennoch mitunter schnell auf dem Wunschzettel stehen. Zubehörkisten, Transportkoffer, Atlanten und Beobachtungsstühle seien hier mal beispielhaft genannt. Mehr dazu im Artikel Nützliches.

Wie sind meine Himmelsbedingungen am vorgesehen Beobachtungsort?

Daran schließen sich unmittelbar an:
Ist der Ort überhaupt geeignet oder muß ich ihn überdenken? Kann, will oder muß ich also mobil sein?

Balkon, Dachfenster oder -terasse sind teils nur sehr eingeschränkt geeignet. Auch der eigene Garten muß nicht wirklich gut geeignet sein, wenn Störlicht wie Laternen, Nachbarhäuser o.ä. vorhanden sind oder dichte Bebauung mit viel Beton durch Wärmeabstrahlung für lokales Seeing sorgt. Beides wird die Ergebnisse teils maßgeblich negativ beeinflussen.
Mobil wäre dem zu entfliehen, was zwangsläufig eine Verbindung zur Transportabilität des Wunschgerätes herstellt. Maße, Gewichte und Anzahl der Teile des Equipments bekommen Bedeutung. Ebenso die eigene Motivation alles zu packen, zu tragen, zu fahren und irgendwo wieder zusammen zu bauen. Prüft genau, was für Euch zumutbar ist, denn nur ein genutztes Teleskop ist ein gutes Teleskop.

Daran schließ sich die diese Frage an: Wie und wo lagere ich das Gerät?

Die Frage ist ernst gemeint und in Zeiten, wo 8-12" Newton schon quasi Einsteigergeräte geworden sind, durchaus nicht unbegründet. Solche Geräte sind nicht klein und brauchen richtig viel Platz.

Kann ich die Vor- und Nachteile der Gerätetypen benennen , für mich selbst gewichten und wie stehe ich zu den Auswirkungen?

Beispielhaft sei hier der Newton und die Justagenotwendigkeit benannt. Kann ich das, will ich das haben? Damit sollte man sich schon auseinander setzen. Man könnte auch den Farbfehler einfacher Refraktoren oder das Auskühlthema der SCs u.v.a. Dinge anführen. Neben dem Wissen um diese Dinge an sich, ist natürlich auch die Relevanz für das eigene Ziel zu prüfen. So wird z.B. die Suche nach einem stationären Gerät für eine Gartensternwarte, das also ohnehin nahe der Umgebungstemperatur temperiert ist, sicher zu einer anderen Beurteilung des Themas Auskühlverhalten führen, als sie z.B. der Stadtmensch, der das Gerät im Haus aufbewahrt und einige Zeit zum Beobachtungsplatz fahren muß tun wird.
Gerätekunde, Basics oder einfach Theorie ist ein Thema mit dem ich mich zur Vorbereitung beschäftigen sollte. Klingt erst mal hochtrabend und aufwendig, ist es aber nicht. Wer unsere Einsteigerseiten aufmerksam gelesen und verstanden hat, hat m.E. das notwendige theoretische Rüstzeug zum Start. Besonderheiten bei Herstellern oder Einzelgeräten wird man gezielt klären müssen.

Habe ich weitere Grundforderungen an das Gerät, und wenn ja, welche?

Das könnten viele Dinge sein. So ist vielen von uns der Reisegedanke im Hinterkopf, ein Aspekt der die Auswahl wesentlich beeinflusst. Wobei auch hier wieder Interpretationsspielraum besteht. Handgepäcktauglich wäre eine Forderungen, andere fahren mit großem Caravan in Urlaub.
Oder steht etwa der schnelle Einsatz für zwischendurch als Ziel im Raum, womit man z.B. wieder beim Thema Auskühlung landet.
Auch Fotografie oder zumindest die Ausbaubarkeit könnten Forderung sein. Hier gilt es zu unterscheiden ob Planten und Mond oder Deepsky auf der Agenda steht. Hier werden verschiedene Wege beschritten, wobei ich grundsätzlich auf dem Standpunkt stehe, das Einsteiger dieses Thema überbewerten. Der Start in die praktische Astronomie wird an sich Zeit brauchen und erst gar keine Gedanken an Foto aufkommen lassen. Das kommt erst mit der Zeit, wobei dann Mond und Planeten meist zu erst kommen - auch weil dieser Bereich einfacher zu lernen ist und sich Erfolge schneller einstellen, als bei Deepskyfotografie.

Ich hoffe, ich konnte vermitteln warum diese Fragen wichtig sind und Euch für so manche Zusammenhänge sensibilisieren. Denn hieraus ergibt sich letztlich ein ganz individueller Kompromiß aus Forderungen und Erwartungen, die es nun gilt, wenn möglich in einem Gerät zu vereinen. Gelingt dies, ist das Zielgerät gefunden, andernfalls müssen die Prioritäten neu geordnet werden. Denkt dran, jedes Teleskop ist ein Kompromiß auf die eine oder andere Weise; das alles super könnende Teleskop gibt es nicht.

Anhand der Antworten zu diesen Fragen, sollte die grobe Auswahl möglich sein. Im folgenden gilt es dann die Kandidaten unterienander zu vergleichen. Hier kommen dann neben speziellen Gerätefragen auch die Qualitäts- und Herstellerfragen ins Spiel.

Viel Erfolg bei der Auswahl und dem Start in dieses interessante Hobby.
Armin

© 7/2006 Armin