Gegenüberstellung
Fraunhofer/Newton in Theorie und Praxis
unter Annahme vergleichbarer Optikgüten in der 4" Klasse
Newton
oder Fraunhofer? Eine Frage an der sich immer wieder die Geister
scheiden. Regelrechte Glaubenskriege werden manchmal sogar daraus.
Warum eigentlich? Kurz gesagt es gibt eigentlich keinen Grund, hat
jede Variante ihre Vor- und Nachteile, sowohl aus grundsätzlichen
Erwägungen heraus, als auch in der Praxis. Nehmen wir also
einen 100/1000 Refraktor (FH) und stellen ihm einen 114/900 Newton
entgegen, weil er hinsichtlich der Öffnung in etwa vergleichbar
ist. Beide Geräte werden parallaktisch montiert.
Daten
Refraktor
100/1000mm nach Fraunhofer (Linsenteleskop)
Newton
114/900 (Spiegelteleskop)
Länge,
Gewicht
Incl.
Taukappe mißt ein solcher Refraktor schon um 1,20 m. Die
Tuben sind stabiler und daher meist etwas schwerer.
Der
Newton bleibt unter 1m Länge und ist i.d.R. etwas leichter
- insgesamt ein wenig handlicher.
Ob
der höheren Kontrastleistung wird man i.d.R. mit dem Linsenteleskop
etwas höher gehen können. 250fach halte ich hier und
da für einsetzbar ungeachtet der Austrittspupille
Der
geringere Kontrast läßt etwas weniger Vergrößerung
in der Praxis zu. 225 fach sind analog dem Refraktor mitunter
nutzbar.
Okularsteckmaß
2"
oft 1,25", 2" Umbau möglich
1,25"
Umbau auf 2" denkbar
Komfort
beim Beobachten
Ob
der Länge des Gerätes muß das Stativ der Montierung
immer voll ausgefahren werden, was besondere Anforderungen an
das Stativ stellt. Der Einblick variiert gewaltig, je nach dem
ob man im Zenit oder nahe des Horizontes beobachtet.
Der
seitliche Einblick am Newton variiert hinsichtlich der Höhe
viel weniger. Eher selten muß das Stativ der Montierung
voll ausgefahren werden. Dafür ist allerdings regelmäßig
der Tubus innerhalb der Rohrschellen zu drehen um den OAZ komfortabel
zu erreichen.
Justage
Normalerweise
werksseitig vorgenommen. Regelmäßige Prüfungen
und Korrekturen sind i.d.R. nicht nötig, teilweise nicht
möglich
Werksseitig
vorhanden, muß aber regelmäßig geprüft
und selbst vorgenommen werden. Hierzu werden Justierhilfen benötigt.
Nach
all diesen Daten nun ein wenig zur Praxis.
Beide Teleskope arbeiten grundverschieden. Bei Linsenteleskopen
wird das eintreffende Licht durch das Objektiv gebrochen, um im
Brennpunkt vereinigt werden zu können. Der Newton hingegen
lenkt das Licht dahingehend nur um. Lichtbrechung hat zur Folge,
dass quasi viele Brennpunkte entstehen, je nach Wellenlänge.
Wir Menschen sehen mit unseren Augen nicht nur eine Wellenlänge
sondern, einen Bereich mit verschieden Wellenlängen (Spektrum).
Der blaue Brennpunkt liegt vor dem Roten. In der Praxis werden wir
auf grün fokussieren. An dieser Stelle ist blau bereits wieder
ein wenig gestreut und rot noch nicht im Fokus. Die Brechung des
FH kann nicht alle Wellenlängen in einem Fokus vereinigen.
Es entstehen folglich blaue Säume um das Beobachtungsobjekt,
die ab einer bestimmten einfallenden Lichtmenge deutlich erkennbar
werden. Dem kann man durch besondere Objektivlinsen und Kombinationen
begegnen - erhält dann aber einen anderen Refraktortyp (Apo).
Das Spiegelsystem hingegen reflektiert einheitlich und ist daher
in der Praxis frei von Farbfehlern. Dafür liefert der Newton
an hellen Sternen durch die Streben der Fangspiegelhalterung die
oft auf Fotos sichtbaren Strahlen (Spikes) um Sterne. Nun wie wirkt
sich das in der Praxis aus?
Sonne:
Bei Beobachtungen mit Astrosolarfolienfiltern z.B. ist der Newton
theoretisch leicht vorn, da er ein etwas besseres Auflösungsvermögen
hat. Die geringere Kontrastleistung des Newtons ist nicht so wichtig,
weil Sonnenflecken beobachtet werden - die Schwarz vor weißen
Grund zu sehen sind und damit hochkontrastige Beobachtungsobjekte
sind. Im Refraktor ist das Bild hingegen ob der höheren Kontrastleistung
etwas knackiger/brillianter, aber evtl. nicht mehr ganz farbfehlerfrei.
Wer einen Herschelkeil verwenden will, wird den Refraktor nehmen/müssen.
Planeten:
Bei der Planetenbeobachtung haben wir die Möglichkeit Oberflächendetails
zu sehen. Allerdings sind hier die Kontraste deutlich kleiner, da
die Oberflächen meist nur in einem Bereich des sichtbaren Lichtes
eingefärbt sind. Saturn z.B. ist gelb/grün. Rot oder Schwarz
fehlen - es sind also nur geringe Kontraste vorhanden. Demgegenüber
hat Mars mit seinen dunklen Regionen, die unmittelbar an orangerote
grenzen, optisch leichter zu erkennende Kontraste auf seiner Oberfläche.
Jupiter hat rotbraune Töne durchzogen von weiß, was wir
gut sehen können. Details innerhalb des rotbraunen sind dagegen
schwierig. Kommt hierzu noch ein Farbfehler des Teleskops, so werden
manche Kontraste gänzlich verschwinden und im Refraktor nicht
zu erkennen sein. Die Farbfehlerfreiheit ist eine elementare Anforderung
an Planetengeräte. Monddurchgänge vor Jupiter gibt es
oft. Die Mondschatten sind hochkontrastig, weil schwarz vor hellem
Hintergrund, und sind brillianter im Refraktor, jedoch auch im Newton
gut zu sehen.
Mond:
Hier haben wir es fast ausschließlich mit harten schwarzweiß
Kontrasten zu tun. Der Farbfehler beim Refraktor wird bemerkt, nimmt
aber quasi keine Details. Am Newton wirkt das Bild weicher, dafür
ist es farbfehlerfrei.
Deepsky:
Hier haben wir es zwar auch mit schwarzweiß Kontrasten zu
tun, allerdings einhergehend mit geringeren Helligkeiten. Der Vorteil
"knackigeres Bild" des Refraktors kommt hier nicht so
sehr zum tragen. Die größere Lichtsammelleistung des
Newton und das bessere Auflösungsvermögen wiegen m.E.
mehr und führen m.E. dazu, dass der Newton in der Summe hier
leichte Vorteile hat. Die Ergebnisse variieren aber je nach Beobachtungsobjekt.
Fazit:
Beide Teleskope sind letztlich von der Leistung her recht ähnlich.
Optisch sehe ich den Refraktor in der Summe leicht vorn, dennoch
haben beide Teleskope eine Daseinsberechtigung. Ausschlaggebend
für einen Kauf sind in diesem Fall eher die Rahmenbedingungen,
persönliche Vorlieben und nicht zu letzt der Preis. Und genau
das sind wir an einem wesentlichen Punkt angekommen.
Meine
Meinung: Ein solcher Refraktor kostet mehr als der Newton, wenn
man das Angebot um die Ausstattung bereinigt. Die Montierung für
das Linsenteleskop ist ebenfalls teurer, weil eine andere Klasse
erforderlich wird. Schnell ist man so fast beim doppelten Preis.
Da beide okularunkritsch ob der Öffnungsverhältnisse sind,
und nur die Justierhilfe, den Preis des Newtons "anhebt",
ist für mich der Newton ob des Preis/Leistungsverhältnisses
eindeutiger Favorit, wie man an meinem Equipment auch sehen kann.